The magnificent title of the Functional School of Anthropology has been bestowed on myself, in a way on myself, and to a large extent out of my own sense of irresponsibility.
Bronisław Kasper Malinowski (* 7. April 1884 in Krakau, Österreich-Ungarn; † 16. Mai 1942 in New Haven, USA) war ein polnischer Sozialanthropologe. Aus einer polnischen Adelsfamilie stammend, später in England lebend,
gilt er heute als einer der Begründer des britischen Funktionalismus. Zeit seines Lebens befand er sich in einem wissenschaftlichen Wettstreit mit seinem „Rivalen“ Alfred Radcliffe-Brown. Sein Einfluss auf die
nordamerikanische Kulturanthropologie und auf die soziologische Theorie der Institution (Helmut Schelsky) in Deutschland war bedeutend. Bronisław Malinowski war ein Sohn des Krakauer Linguisten Lucjan Malinowski. Als
er dreizehn Jahre alt war, starb sein Vater. Er empfing in seiner Jugend starke Einflüsse von Ernst Mach, einem naturwissenschaftlich orientierten Philosophen, und von der Linguistik. 1902 begann er das Studium der
Philosophie an der Jagiellonen-Universität in Krakau. Seine Doktorarbeit von 1906 beschäftigte sich mit der Ökonomie des Denkens im Anschluss an Ernst Mach. Im Jahr 1908 erlangte Malinowski seinen Studienabschluss in
Mathematik, Physik und Philosophie an der Jagiellonen-Universität mit dem Prädikat Sub auspiciis Imperatoris. Von 1908 bis 1910 studierte er drei Semester an der Universität Leipzig und dann von 1910 bis 1914 Anthropologie
an der London School of Economics (LSE). Er war ein Schüler von C. G. Seligman. Den Kriegsausbruch erlebte er in Melbourne, wo er gerade an einer Konferenz teilnahm. Zwar wurde er als österreichisch-ungarischer
Staatsbürger dank seiner guten Beziehungen nicht interniert, er konnte aber auch nicht nach Europa zurückkehren. Schließlich erhielt er von der australischen Regierung die Genehmigung für seine Feldforschung, und
Seligman beschaffte ihm zudem ausreichend finanzielle Mittel (Stipendien und eine Zuwendung einer Stiftung des Industriellen Robert Mond), die er für einen längeren Aufenthalt benötigte. So organisierte er
Forschungsexpeditionen und hielt sich 1915 sechs Monate auf Mailu auf, einer kleinen Insel vor der Südküste im Osten Neuguineas. 1915/16 und 1917/18 besuchte er die Trobriand-Inseln, wo er intensive Feldforschungen
durchführte, von denen er zeitlebens zehrte. Während seiner Zeit in Australien lernte Malinowski die schottische Professorentochter Elsie Rosaline Masson kennen, die er 1919 heiratete. Ab 1920 war er mit seiner Frau
häufig auf Reisen und lebte ab 1923 in Südtirol, bevor er 1929 nach London übersiedelte. Von 1922 bis 1938 lehrte er selbst an der LSE, ab 1927 als Inhaber eines Lehrstuhls für Anthropologie. Seine wichtigsten Schüler
waren Audrey Richards, Edward E. Evans-Pritchard, Talcott Parsons, Sir Raymond Firth, Phyllis Kaberry, Isaac Schapera, Hilda Kuper und Monica Wilson. Jomo Kenyatta schrieb bei ihm seine Magisterarbeit, die 1938 unter
dem Titel Facing Mount Kenya mit einem Vorwort von Malinowski veröffentlicht wurde. Den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erlebte er in den USA, wo er sich häufig aufhielt. Er kehrte nicht nach Europa zurück, sondern
übernahm eine Professur an der Yale University. Seit 1933 war er auswärtiges Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften (KNAW). Malinowski war ein extrovertierter Mensch und liebte den Rummel,
der um seine Person gemacht wurde. Sein Werk Argonauten des westlichen Pazifik wurde weit außerhalb der Grenzen der Fachkreise der Ethnologie zum Bestseller. Malinowski trennte klar zwischen Social Anthropology und History.
Seiner Ansicht nach dürfe ein kulturelles Phänomen in der Gegenwart nicht aus der Geschichte heraus erklärt werden, sondern müsse anhand seiner heutigen Funktion für die betreffende Kultur erklärbar sein. Er setzte sich
auch mit der damals sehr populären Psychoanalyse um Sigmund Freud auseinander. Insbesondere überprüfte Malinowski jene Thesen, die Freud in seinem Werk Totem und Tabu vorgebracht hatte. Wie Margaret Mead nach ihm, verwies
er auf die interkulturellen Unterschiede von sexuellen und anderen wichtigen sozialen Beziehungen (Eltern-Kind-Beziehungen etc.) und warnte davor, Freuds Erkenntnisse auf außereuropäische Kulturen zu projizieren. Er gilt
als „Vater der Feldforschung“, wie sie heute zum Kernstück der empirischen Arbeit der Anthropologie geworden ist. Malinowski propagierte Feldforschungsaufenthalte mit engem Kontakt zu den Informanten über einen langen
Zeitraum hinweg. Feldforschung hieß für ihn teilnehmende Beobachtung: Der Forscher teilt über einen längeren Zeitraum das Alltagsleben und die Arbeit mit den von ihm erforschten Menschen und beobachtet diese dabei.
Eine wichtige Forderung der teilnehmenden Methode war es außerdem, „dass man sich aus dem Umgang mit anderen Weißen herauslöst und in möglichst engem Kontakt mit den Eingeborenen bleibt.“ Dass es tatsächlich Malinowski
war, der als erster die „teilnehmende Beobachtung“ praktizierte, was ihm den Ruf des „Begründers der modernen Sozioanthropologie“ einbrachte,[4] wird mit Verweis auf Franz Boas bezweifelt. Raymond Firth schreibt im
Vorwort zum Tagebuch, dass Malinowski nach zwei Wochen festgestellt hätte, dass er die Leute zu wenig beobachtete und deren Sprache nicht sprach. Beide Nachteile versuchte er mit energischem Einsatz zu überwinden. Heftig
reagierte Malinowski auf die Tätigkeit der Missionare, deren meist tendenziöse Aufzeichnungen lange Zeit eine der wichtigsten Quellen für die Ethnologie waren. Er sah die Ethnologie stattdessen dazu berufen, die Kultur
der Einheimischen in ihrer Ursprünglichkeit zu bewahren, womit er zugleich seine eigenen romantischen Motive offenbarte.